4250 Kilometer auf dem PCT quer durch Amerika.
4250 Kilometer auf dem PCT quer durch Amerika.
Der Pacific Crest Trail (PCT) ist ein 4.250 Kilometer langer Wander- und Reitertrail. Das entspricht in etwa der Entfernung von Deutschland bis zum Nordpol. Kaum zu glauben, dass man solch eine enorm lange Strecke auch zu Fuß bewältigen kann. Dieser wunderschöne Trail verläuft entlang der Gebirgskämme Sierra Nevada und Kaskadenkette, parallel zum Pazifischen Ozean, im Westen der USA.
Georg-Friedrich Wittmann war mehrere Monate auf dem Trail unterwegs. Was er mit auf seine Reise genommen und was er erlebt hat, erzählt er uns in einem Interview...
Wie lange warst du auf dem PCT unterwegs und welche Strecke hast du zurückgelegt?
Der PCT war für mich 2018 als Thruhike geplant und glücklicherweise konnte ich ihn auch als solchen komplett laufen. Offiziell ist er mit 2650 Meilen angegeben, umgerechnet sind das also etwas mehr als 4250 Kilometer. Dafür war ich in etwa 4,5 Monate unterwegs.
Aber das mit den exakten Zahlen und Zeitangaben ist bei einer mehrere Monate andauernden Wanderung so eine Sache. Es kommt immer wieder vor, dass Teile des offiziellen Trails wegen Überflutungen, Waldbränden, Erdrutschen nicht mehr begehbar oder schlicht nicht mehr vorhanden sind. In solchen Fällen muss man Alternativrouten wählen oder im schlimmsten Fall eine Sektion komplett auslassen. Manchmal geht man auch ein paar Kilometer mehr als geplant, da die nahe gelegene Stadt, die für Essens-Naschschub eingeplant war, doch ziemlich weit entfernt liegt und einfach kein Auto anhalten will. Mit der Zeit, die man benötigt, sieht es ähnlich aus. Man glaubt gar nicht, wie negativ sich gutes Essen, kühles Bier und die Möglichkeit zu duschen auf einen Zeitplan auswirken kann.
Wie hast du dich auf diese lange Trekking Tour vorbereitet? Was hattest du alles an Ausrüstung dabei?
Ich muss gestehen, dass der PCT nicht meine erste Langstreckenwanderung war, wenn auch die Längste bisher. Entsprechend wusste ich schon in etwa, worauf ich mich in Hinblick auf die Ausrüstung einlasse. Aussortieren und wiegen war deswegen schon einige Wochen vor dem Abflug in die Staaten ein großes Thema. Zu Beginn hatte ich trotzdem ein Basisgewicht von etwas mehr als 8,5 Kilogramm. Das beinhaltet alles was man am Körper und im Rucksack mit sich herumträgt, abgesehen von Wasser und Verpflegung (Der Rucksack selbst gehört natürlich mit dazu). Passe Rucksäcke für so ultra-lange Touren gibt es übrigens auch von deuter. Dieses Gewicht habe ich auch bis zum Ende gehalten. Bei mir herrschte aber durchaus ein reges Kommen und Gehen im Rucksack. Manche Sachen gingen kaputt und mussten auf dem Weg ersetzt werden. Andere Sachen wie Eispickel und Steigeisen waren nicht mehr nötig und flogen raus. Nicht in den Müll oder zurück in die Heimat, sondern an ein Ziel aus der Zukunft. Bei der U.S. Post ist es möglich ein Paket an eine Poststelle zu schicken und es dort mehrere Wochen postlagernd zu belassen, bevor man es abholt oder weiterschickt. Diese Art einen Teil seiner teils teuren Ausrüstung in sog. bounce boxes auszulagern ist recht weit verbreitet und war zumindest damals billiger als das Paket nach Europa.
Auf dem PCT trifft man einige interessante Menschen. Welche Personen bleiben dir von der Reise besonders in Erinnerung?
Je länger ich über diese Frage nachdenke, desto mehr Menschen fallen mir ein. Mit ein paar Zeilen ist es da nicht getan, das wäre vermutlich mehr als Abend füllend. Man trifft schon auf viele sehr unterschiedliche Charaktere in und rund um die `hiker trash community`.
Es war bestimmt nicht jeder Tag wunderbar. Es gab bestimmt auch verregnete, kalte Morgen, an denen du lieber liegen geblieben wärst. Dachtest du auch manchmal ans Aufgeben?
Kalt ja, verregnet nein. In all den Monaten hatte ich nur an drei Tagen so etwas wie Regen, davon einmal Schnee. Glück gehabt! Aber ja, die Tage an denen einem alles weh tut oder man schon wieder nur in Rauch und Staub wanderte, gab es auch. Ans Aufgeben habe ich aber nie gedacht.
Welche Orte haben es in die Top drei der landschaftlich schönsten Gegenden auf dem PCT geschafft?
Schwierige Frage! Der PCT zeichnet sich ja gerade durch die Vielfalt an teils atemberaubenden Landschaften aus. Am beeindruckendsten war für mich wohl die Sierra Nevada von Yosemite Valley bis Whitney Portal. Steile Granitflanken, jahrhundertealte knorrige Kiefern, wunderschöne Seen... Oregon mit seinen einzelnstehenden Bergen auf die man tagelang zu läuft...Besonders haben es mir aber auch die trockenen Gegenden in Südkalifornien angetan. Für mich als Bayer mal etwas anderes!
Wie bist du mit dem Thema Verpflegung umgegangen? Hast du dir Pakete an bestimmte Punkte vorausgeschickt?
In manchen Abschnitten des PCT ist die Verpflegung alle paar Tage kein Problem aber es gibt auch Gegenden (Washington) an denen man schon etwas vorausschauender mit der Essensplanung umgehen sollte. Ich habe mir alle drei bis vier Wochen im Voraus zurechtgelegt, wo ich in diesem Zeitraum in etwa sein werde, wo ich meine Vorräte gut auf dem Weg auffüllen kann und für welche Abschnitte es besser ist sich seine Verpflegung an ein Postamt, Tankstelle, Lodge, etc. zu schicken.Im großen Ganzen habe ich mir aber eher mehr Pakete geschickt als andere, da ichbzgl. meiner Kalorienversorgung auf der sicheren Seite sein wollte. Dawären wir aber schon wieder bei der Zeitplanung! Glücklich der, der sich in weiser Voraussicht ein Paket geschickt hat, um beim Nachschub Zeit zu sparen. Dumm nur, wenn man dann samstags um 13.00 Uhr zur Post kommt, um festzustellen, dass diese erst wieder am Montag ab 14.00 Uhr ihre Pforten öffnet.
Hast du auf dem PCT andere Deutsche getroffen und wie hat die Reise dein Bild von den USA geprägt?
Ein paar habe ich schon getroffen aber gar nicht so viele. Deutschland ist zwar das Land aus der EU, dass die meisten Wanderer pro Jahr stellt, die großen drei Trails in den USA sind aber zu über 90 % in nordamerikanischer Hand.
Gesellschaftliche Gegensätze und Skurriles gibt es in jedem Land. Insgesamt habe ich in den USA bis jetzt aber überwiegend positive Erfahrung mit den Menschen gemacht. Die meisten mit denen ich Kontakt hatte waren sehr nett, interessiert und hilfsbereit. Vielleicht macht es aber doch einen Unterschied als Deutscher auf dem PCT unterwegs zu sein: Mit einer anderen Nationalität wäre ich vielleicht nicht extra 25 Meilen zur nächsten ´german bakery´ gefahren worden.
Im Westen der USA gibt es Skorpione, Klapperschlangen, Bären oder Pumas. Hattest du ein Erlebnis mit einem dieser Artgenossen?
Hey, ihr habt bei eurer Aufzählung die Taranteln vergessen und die MÜCKEN! ;) Schlangen und Skorpionen bin ich glücklicherweise nicht begegnet. Meine Pumasichtung habe ich wohl nur um ein paar Minuten verpasst. Ein Pärchen, das nur kurz nach mir von einem Campingplatz aufgebrochen ist, hatte plötzlich einen etwas verstimmten Berglöwen vor sich auf dem Trail, wie sie mir später berichteten. Aber Bären sind mir einige begegnet. Es dauert ein bisschen bis man sich als Mitteleuropäer daran gewöhnt hat, nicht unbedingt am Ende der Nahrungskette zu stehen. Kann man sich daran gewöhnen? Äh...nein! Aber man versucht, damit umzugehen. Jetzt weiß ich zumindest, dass ich in meinen heimatlichen Dialekt verfalle, wenn ich beinahe eine Bärenmama über den Haufen renne. Oberpfälzisch wirkt besser als Bärenspray! Das habe ich übrigens bei niemanden (außer bei dayhikern) gesehen. Wenn man sich an gewisse Regeln hält, wie beispielsweise kein Essen, Kochgeschirr, etc. im Zelt zu haben und sich im Falle einer Begegnung ruhig verhält, sollte es keine größeren Probleme geben. Aber eine Garantie ist das leider auch nicht.
Ansonsten einfach Augen und Ohren offenhalten und nicht nur vor sich auf den Weg starren! Es gibt dort viele unterschiedliche Vogelarten, vom Seeadler bis zum Kolibri! Mit verschiedenen Hirscharten ist immer zu rechnen und wer Glück hat, kann in Washington sogar Schneeziegen beobachten.
Welche Tipps würdest du einer Person an die Hand geben wollen, die wie du, ihren Traum vom Fernwandern verwirklichen will und den PCT meistern möchte?
Einfach machen! So einfach wie es klingt, ist es dann auch, nachdem die Entscheidung erst einmal gefallen ist. Sich dazu zu entschließen, ist das Wichtigste und leider auch das Schwerste. Fragen rund ums Thema Ausrüstung, o.ä. lassen sich mit einiger Recherche im Netz schon noch rechtzeitig klären.
Wichtig ist aus meiner Sicht auch sich nicht im Vorfeld zu sehr festzulegen und schon vor Beginn alles penibel geplant zu haben. Planungen sind wichtig, aber mehr als vier Wochen im Voraus zu organisieren ist sinnlos und baut zu viel Druck auf. The trail provides! Einfach nehmen was kommt, flexibel auf Situationen reagieren und genießen was einen die Welt zu Füßen legt. Der Weg und das was er mit sich bringt, sind das was zählt und nicht das Ankommen an irgendeinem Endpunkt im Nirgendwo!
Hier kannst du die Strecke nachverfolgen: